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Kommentar: Die Glaubwürdigkeit eines Arztes

Das erste Opfer des Krieges ist die Wahrheit. Diesem klassischen Spruch haben in den vergangenen Tagen mal wieder Nachrichtenagenturen wie AP alle Ehre gemacht. Da gab es beispielsweise Augenzeugen, die offenbar mit ihren Augen Explosionen gehört haben.
Ärzte sollten normalerweise in der Lage sein, einen Jungen von einem Mädchen zu unterscheiden.

Eine Meisterleistung hat ein in aller Welt zitierter Arzt namens Aschraf al-Kidra vollbracht: Nach dem israelischen Angriff auf das Haus, in dem sich angeblich der Chef des militärischen Armes der Hamas, Mohammed Deif, aufgehalten habe, bestätigte dieser Arzt, dass eine Frau und ihre Tochter sowie eine dritte bis heute nicht identifizierte Person getötet worden seien. Der Arzt diente so als besonders glaubwürdiger „Augenzeuge“.
Inzwischen wurden nicht die „Ehefrau und Tochter“ des Mohammed Deif zu Grabe getragen, sondern dessen Frau und sein kleiner Sohn Ali. Könnte es etwa sein, dass dieser Arzt und besonders glaubwürdige Kronzeuge nicht einmal zwischen einem Mädchen und einem Jungen unterscheiden kann? Normalerweise sind die meisten Menschen dazu auch ohne ein Medizinstudium fähig.
Weitere Recherchen zu Aschraf al-Kidra ergaben, dass es sich um einen „Beamten des palästinensischen Gesundheitsministeriums“, um den Leiter der palästinensischen Rettungsdienste oder um den Ministeriumssprecher handelt. Hätten die Nachrichtenagenturen einen seiner Amtstitel verwendet und nicht seine Berufsbezeichnung „Arzt“, wäre der Irrtum und die spätere Korrektur verzeihbar gewesen.

Hamas verbietet Veröffentlichungen über Deif

Ob Mohammed Deif, das „Phantom von Gaza“, bei dem Angriff mit mindestens drei bunkerbrechenden Bomben ums Leben gekommen ist, kann bis zur Stunde nicht mit Gewissheit gesagt werden. Vorerst dementiert die Hamas, während ein namentlich nicht genannter offizieller Israeli gegenüber dem amerikanischen Sender „Foxnews“ den Tod des von Israel meistgesuchten Mannes bestätigt. Israels Premierminister Benjamin Netanjahu ist der Frage dazu bei einer Pressekonferenz mit nichtssagenden Floskeln ausgewichen.
Angeblich hat die Hamas Blogger, Informanten und „Kollaborateure“ dringend davor gewarnt, Einzelheiten über den möglichen Tod des Bombenbauers weiterzugeben. Andererseits wurden Sprecher der Hamas bei Interviews dabei ertappt, wie sie „irrtümlich“ Deif schon als „Schahid“, also als „Märtyrer“, bezeichneten. Offenbar hat die Hamas da etwas zu verheimlichen.
In einer offiziellen, gefilmten Erklärung der Hamas durch einen vermummten Sprecher mit grünem Stirnband hieß es, dass Mohammed Deif „mit Hilfe Allahs“ die siegreichen Truppen der Hamas anführen werde, um die Al-Aksa-Moschee in Jerusalem zu befreien.

„Mohammed wer?“

Ehud Ja‘ari, ein Veteran unter den israelischen Arabien-Korrespondenten, erinnerte sich an einen Zwischenfall im Herbst 1995, der die Geschichte des Nahen Ostens hätte ändern können. Schwere Terroranschläge mit zahlreichen Toten erschütterten Israel. In der Bevölkerung wuchs der Widerstand gegen die Politik von Premierminister Jitzhak Rabin und die Osloer Verträge.
Rabin verlangte ein Treffen mit PLO-Chef Jasser Arafat. Der sollte den Israelis die Terrorwelle „erklären“ und unterbinden. Der Eindruck war entstanden, als habe Arafat der extremistischen Hamas-Organisation und ihren Terroristen „augenzwinkernd“ grünes Licht gegeben, Israel mit Anschlägen zu terrorisieren, ohne Arafat oder seine PLO-Organisation in die Verantwortung eines Vertragsbruchs zu ziehen. Der israelische Geheimdienst fand heraus, dass Arafat am Tag vor dem geplanten Treffen zwei Männer für eine „Beratung“ zu sich berufen hatte: Mohammed Deif und Mohammed Dahlan. Beide waren im gleichen Flüchtlingslager als Klassenkameraden aufgewachsen. Deif war damals schon ein gesuchter Terrorist, während Dahlan Arafats „Sicherheitschef“ im Gazastreifen war. Heute gilt er übrigens als gefährlichster innenpolitischer Gegner und potentieller Nachfolger von Präsident Mahmud Abbas.
Am Tag darauf erwähnte Rabin Mohammad Deif gegenüber Arafat. Daraufhin fragte der Palästinenserpräsident: „Mohammed wer? Den kenne ich nicht. Habe nie von ihm gehört.“

Sinneswandel bei Rabin und Peres

Für Rabin, so der Reporter Ja‘ari, war diese Antwort Arafats der endgültige Beweis, dass er von seinem „Friedenspartner“ hintergangen worden war. Dem israelischen Regierungschef war endgültig klar geworden, dass Arafat keineswegs dem Terror und der Gewalt abgesagt habe.
Rabin wollte daraufhin die Osloer Verträge „neu überdenken“ und aufkündigen. Doch dazu kam es nicht, denn am 4. November 1995 wurde er von einem rechtsextremistischen israelischen Fanatiker, Jigal Amir, nach einer Friedensdemonstration in Tel Aviv ermordet. Fünf Jahre später, nach Ausbruch der „Zweiten Intifada“ im Herbst 2000, ist dann auch dem letzten Israeli klar geworden, dass Arafat persönlich den „bewaffneten Kampf“ gegen Israel fortsetzte und ein Ende des jüdischen Staates anstrebte.
Einen bemerkenswerten Sinneswandel hat inzwischen auch Schimon Peres durchgemacht. Der ehemalige Staatspräsident gilt zusammen mit Rabin als Architekt der Osloer Verträge und war später entschiedener Verfechter des Rückzugs aus dem Gazastreifen unter Ariel Scharon. In einem BBC-Interview erklärte er, damals, 2005, alle Warnungen in den Wind geschlagen zu haben mit dem Argument: „Warum sollten sie auf uns schießen?“ Heute, nach 12.000 Raketen aus dem Gazastreifen, gesteht Peres: „Ich habe ein Problem, meine damalige Haltung zu rechtfertigen.“

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