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„Friede! Friede!, und doch kein Friede“

Es war in der ersten Hälfte der 1990er-Jahre. Wir beobachteten den Oslo-Prozess und erlebten eine Welle des Terrors, die diese Jahre zu den blutigsten in der Geschichte des Staates Israel machte. „Dieser so genannte ‚peace process‘ (Friedensprozess) ist ein ‚piece process‘ (Stückeprozess)“, klagte mir damals ein Freund in Jerusalem: „Sie reißen alles in Stücke (‚pieces‘): Das Land, die Gesellschaft, die Menschen!“
Rabin (r.) hatte zusammen mit Peres und Arafat (l.) den Friedensnobelpreis erhalten.

Dieses Gespräch vergesse ich nicht, weil mir erstmals bewusst wurde, dass „Friede“ nicht gleich „Friede“ ist. „‚Schalom‘ kommt vom hebräischen ‚schalem‘, was ‚vollkommen‘ oder ‚ganz‘ heißt“, erklärte mir der orthodoxe Jude: „Das genaue Gegenteil von ‚piece process‘!“ Menschen machen Frieden, indem sie scheiden, was sich nicht verträgt. Gott macht Frieden, indem er Zerschlagenes zusammenfügt.
Ein paar Jahre später erklärte mir ein Scheich der Hamas in der palästinensischen Autonomiestadt Tulkarm, dass das arabische „Salam“ (Frieden) mit dem Wort „Islam“ verwandt ist. „Islam“ bedeutet „Unterwerfung“, „und“, dozierte der würdige Herr mit dem weißen Bart: „‚Salam‘ ist ohne ‚Islam‘ undenkbar! Unterwirf dich Allah, dann wird Friede!“ Für Andersdenkende, besonders wenn sie sich nicht zwangsbekehren lassen wollen, ist „Salam“ deshalb nicht selten ein Friedhofsfrieden.
Was ist „Friede“? Die Abwesenheit von Krieg und Terror? Eine Möglichkeit, sich uneingeschränkt selbst verwirklichen zu können?
Nach jedem Krieg erleben wir hier in Israel immer wieder dasselbe Phänomen: Die Medien haben nichts mehr zu berichten. Aber Israelis sind unheilbar nachrichtensüchtig – und alle eine große Mischpoche. Deshalb wird jeder Tote berichtet, der dem Mobilitätswahn auf den Straßen zum Opfer fällt. Man hört, wie Eltern ihre Kinder vernachlässigen, vergessen oder gar quälen. Ehepartner machen einander das Leben zur Hölle. Arabische Väter und Brüder ermorden ihre eigenen Schwestern und Töchter, um die Ehre der Familie zu retten. Irgendwie scheint sich nicht viel geändert zu haben, seit Jeremia verzweifelt in die Welt hinein schrie: „Sie sagen ‚Friede! Friede!‘, und ist doch nicht Friede“ (Jeremia 6,14).
Am Ende des Kaddisch, eines Gebets, das täglich mehrfach in den Synagogen gebetet wird, heißt es: „Der Frieden schafft in der Höhe, er schaffe Frieden über uns und ganz Israel!“
Das ist kein erzwungener Friede, kein Friede des Todes. Das ist ein Friede, der tief im Herzen beginnt, von da ausgehend die zwischenmenschlichen Beziehungen prägt und auch vor Politik und dem Miteinander der Völker nicht Halt macht. Das ist ein Friede des Lebens, der eines Tages auch die natürlichen Triebe, die sich so oft als zerstörerisch erweisen, in ihre Schranken weisen wird. Der Prophet Jesaja sieht Raubtiere mit ihren Beutetieren in Frieden leben, ein Kind am Loch der giftigen Viper spielen: „Man wird nirgends Sünde tun noch freveln auf meinem ganzen heiligen Berge; denn das Land wird voll Erkenntnis des Herrn sein, wie Wasser das Meer bedeckt“ (Jesaja 11,9).

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Eine Antwort

  1. Ohne den Fürst des Friedens – Den Herrn Jesus -gibt es keinen Frieden!

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