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Der Gazakrieg ist kein Krieg

Auch wenn die schweren Geschütze und die Opferzahlen anderes nahelegen: Der Gaza-Konflikt ist kein „Krieg“, denn hier kämpfen nicht zwei Staaten gegeneinander. Die wechselvolle Geschichte des Gazastreifens macht seinen rechtlichen Status kompliziert.
Im Gaza-Konflikt kommt schweres Gerät zum Einsatz – rechtlich gesehen sind die Kampfhandlungen jedoch kein "Krieg".

Gemäß dem herkömmlichen Kriegsrecht führen nur Staaten miteinander Krieg. Der Gazastreifen ist kein eigenständiger Staat und die Hamas ist nicht einmal eine anerkannte Regierung des Landstreifens, den sie de facto kontrolliert. Die Hamas ist lediglich eine von mehreren politischen Parteien der Palästinenser, neben der Fatah-Partei, der Volksfront für die Befreiung Palästinas (PFLP) und anderen.
Eine Besonderheit dieser Parteien, ähnlich wie im Libanon, sind deren sogenannte „bewaffneten Arme“ : die Al-Aksa-Brigaden oder Tansim der Fatah im Westjordanland oder die Issadin-al-Kassam-Brigaden der Hamas im Gazastreifen. Hinzu kommt der Islamische Dschihad, ebenfalls eine bis an die Zähne bewaffnete politische Gruppe im Gazastreifen, die sich nicht einmal als Partei betrachtet. Diese „bewaffneten Arme“ werden auch „Milizen“ genannt. Sie verfügen über militärische Strukturen, Brigaden für bestimmte Aufgaben, militärische Ränge und Uniformen.

Keine Kriege, sondern Operationen

Im Libanon hat die radikal-islamische Hisbollah-Partei einen gleichnamigen militärischen Arm, der über eines der größten Raketenarsenale der Welt verfügt und den halben Libanon unter Kontrolle hält. Seit etwa einem Jahr greift die Hisbollah mit Tausenden eigenen Truppen aktiv im Bürgerkrieg in Syrien ein.
Der sogenannte „Zweite Libanonkrieg“ im Sommer 2006 wie auch die vorausgegangenen israelischen Kriege gegen den Libanon seit 1978 waren alle laut israelischer Sprachregelung nur militärische „Operationen“. Es waren keine Kriege gegen den Staat Libanon, sondern Feldzüge gegen eigenständige Milizen; zunächst gegen die Palästinensische Befreiungsorganisation PLO und dann gegen die Hisbollah.

Außergewöhnlicher Status

Der „Krieg“ gegen Gaza, „Operation Starker Fels“ genannt, gestaltet sich im Sprachgebrauch des Kriegsrechts noch komplizierter. Denn trotz eines vollständigen Rückzugs aus dem Gazastreifen 2005 hat die Welt beschlossen, dass Israel weiterhin als „Besatzer“ gelte. Genau genommen müssten die israelischen Aktionen „Polizeieinsätze“ genannt werden, auch wenn dabei Kampfflugzeuge, Panzer und anderes schweres Gerät eingesetzt werden.
Entsprechend schwierig gestaltet sich jetzt die Wortwahl für die Feuereinstellung, Waffenruhe oder den Waffenstillstand. Der UNO-Sicherheitsrat forderte ein „ceasefire“. Das ist im Englischen der gleiche Begriff wie für den mit Landkarten und Vertrag geschlossenen „Waffenstillstand“ zwischen Israel und Jordanien nach dem Krieg von 1948. Neu ist der Begriff „humanitärer Waffenstillstand“. Der soll nur eine begrenzte Zeit andauern, um den Menschen im Kampfgebiet zu ermöglichen, sich mit Nahrungsmitteln einzudecken.

Komplizierte Geschichte

Der komplizierte rechtliche Status des Gazastreifens rührt von der wechselvollen Geschichte der Region im vergangenen Jahrhundert. Der letzte Souverän in dem Gebiet war die Türkei, deren Osmanisches Reich 1917 zusammengebrochen ist. Danach erhielten die Briten ein „Mandat“ des Völkerbundes, das gesamte Gebiet der osmanischen Provinz Südsyrien zu verwalten. Dieses Gebiet wurde in „Palästina“ umbenannt. Das heutige Jordanien wurde 1921 abgetrennt, woraufhin jenes Territorium übrig blieb, in dem ein jüdischer und ein arabischer Staat errichtet werden sollten.
1948 entstand zwar Israel, aber der vorgesehene arabische Staat wurde nie ausgerufen. Infolge des Krieges 1948/49 eroberte Jordanien das Westjordanland und Ägypten den Gazastreifen. Während Jordanien das von ihm besetzte Gebiet annektierte und so den dort lebenden Menschen – heute würde man Palästinenser sagen – die jordanische Staatsbürgerschaft verlieh, betrachtete sich Ägypten im Gazastreifen nur als „Besatzer“ im ehemaligen britischen Mandatsgebiet Palästina. Das hatte zur Folge, dass die dort lebenden Araber staatenlos blieben, bis sie im Rahmen der Osloer Verträge 1994 die palästinensische Staatsangehörigkeit erhielten. Auch das ist ein Absurdum: Es gibt schon die Staatsangehörigkeit, bis heute aber nicht den dazugehörigen Staat.

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