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Normalisierung verhindern

Was haben ein algerischer Schriftsteller, eine OECD-Konferenz und die Jerusalemer Straßenbahn gemeinsam? Sie waren bereits im Visier derjenigen, die Israel boykottieren wollen. Dies schädigt die Wirtschaft des jüdischen Staates und setzt sein Ansehen in der Welt herab.
Auch in der australischen Stadt Melbourne gab es im Juni 2010 Boykottaufrufe gegen Israel.

Ende des Jahres 2002 fiel einigen Muslimen in Ägypten auf, dass ein bekanntes Waschmittel den Vornamen des damaligen israelischen Premierministers Ariel Scharon trägt. Außerdem stellt das Logo nach ihrer Auffassung „den Davidstern dar – das Symbol des jüdischen Volkes“. Das konnten sie natürlich nicht auf sich beruhen lassen. Also riefen sie die Bevölkerung zum Boykott des Produktes auf. Als Ergebnis registrierte Hersteller „Procter & Gamble“ in Ägypten sinkende Verkaufszahlen.
Vertreter der Firma dementierten jegliche Beziehung zwischen dem Produktnamen und dem Politiker Scharon und fügten an: „Das Logo symbolisiert in Wirklichkeit die Laufbahn eines Atoms.“ Davon ließen sich die Ägypter allerdings zunächst nicht überzeugen. Auch Palästinenser schlossen sich dem Boykott an. Flugblätter hätten Frauen in den Autonomiegebieten dazu aufgerufen, andere Waschmittel zu verwenden, berichtete seinerzeit die französische Online-Zeitung „Proche-Orient“. Wer dem Appell nicht folge, gerate leicht in den Verdacht, mangelndes Nationalbewusstsein zu haben.
Diese absurd anmutende Aktion ist kein Einzelfall. Bereits im Jahr 1946 begann die soeben gegründete Liga der Arabischen Länder ihren wirtschaftlichen Boykott gegen die Juden im damaligen Mandatsgebiet Palästina. Nach der Gründung Israels nahm er den jüdischen Staat ins Visier. In der syrischen Hauptstadt Damaskus eröffneten die Araber 1951 ein Boykottbüro. Die Sanktionen richten sich bis heute primär gegen Israel selbst. Doch auch diejenigen, die Handel mit dem jüdischen Staat treiben, kommen auf eine schwarze Liste. Und wer mit diesen Vertretern wirtschaftliche Beziehungen unterhält, soll ebenfalls geächtet werden. Der Boykott gilt auch dem kulturellen Austausch. So sieht sich der algerische Schriftsteller Boualem Sansal arabischer Kritik ausgesetzt, seit er im Mai 2012 an einem Literaturfestival in Jerusalem teilnahm. Der „Rat der arabischen Botschafter“ in Paris entzog ihm infolge der Israelreise einen Literaturpreis.

Internationale Unterstützung für Boykottbewegung

Doch nicht nur die arabische Welt beteiligt sich an den anti-israelischen Maßnahmen. Die weltweite Boykott-Bewegung (BDS), die 2005 von Palästinensern gegründet wurde, sieht sich als „gewaltlose“ Form der Kriegsführung gegen Israel. Die Palästinensische Autonomiebehörde (PA) unterstützt sie offen. Die Abkürzung BDS steht für „Boykott, Desinvestition und Sanktionen“. Die Bewegung fordert, dass Israel „1. Die Besetzung und Kolonisation allen arabischen Landes beendet und die Mauer abreißt; 2. Das Grundrecht der arabisch-palästinensischen BürgerInnen Israels auf völlige Gleichheit anerkennt; und 3. Die Rechte der palästinensischen Flüchtlinge, in ihre Heimat und zu ihrem Eigentum zurückzukehren, wie es in der UN-Resolution 194 vereinbart wurde, respektiert, schützt und fördert“. Zu den Wortführern gehören EU-Regierungen und Kirchen.
Ein prominenter Unterstützer der BDS ist der renommierte britische Physiker Stephen Hawking. Er hat eine Einladung zu einer Konferenz „Angesichts der Zukunft“ Mitte Juni in Jerusalem abgesagt, bei der Staatspräsident Schimon Peres seinen 90. Geburtstag feiert. Der 71-jährige Wissenschaftler gab damit dem britischen „Ausschuss für die Universitäten Palästinas“ nach. Die israelische Menschenrechtsorganisation „Schurat Hadin“ verurteilte den Beschluss scharf. Sie empfahl dem Professor, doch Israel vollständig zu boykottieren und sein elektronisches Kommunikationssystem auszuschalten. Seit 1997 sei das Computersystem von Intel-Israel für ihn entwickelt und sogar finanziert worden. Es ist angesichts seiner schweren Lähmung für Hawking die einzige Möglichkeit, mit der Außenwelt zu kommunizieren.
Die PA wiederum übte im Oktober 2010 Druck auf alle Regierungen der OECD aus, einen Tourismuskongress in Jerusalem zu boykottieren, weil der israelische Tourismusminister erklärt hatte, aus seiner Sicht sei die Konferenz eine Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt Israels. Auch gegen die 2011 fertiggestellte Straßenbahn protestierte die Autonomiebehörde im Vorfeld, weil sie durch Teile Jerusalems führt, die Israel erst 1967 erobert hat. Eine niederländische Bank und ein schwedischer Pensionsfonds haben deshalb die Betreiber boykottiert. Unlängst entschied jedoch ein französisches Gericht, dass die Bahn nicht gegen internationales Recht verstoße. Israel habe die Pflicht, den Bewohnern öffentliche Verkehrsmittel zur Verfügung zu stellen.
Anfang Juni weigerte sich die ägyptische Ringerin Enas Mostafa, ihrer israelischen Gegnerin Ilana Kartysch bei einem „Golden Grand Prix“-Turnier in Italien die Hand zu geben. Noch schlimmer: Während des Halbfinalkampfes brach sie der Israelin zwei Finger und biss ihr in den Rücken, so dass sie blutete. Die israelische Athletin behielt dennoch die Oberhand und gewann am Ende die Goldmedaille. Sportler aus einigen islamischen Ländern weigern sich grundsätzlich, gegen Israelis anzutreten. Lieber verzichten sie auf sportliche Erfolge, ja sogar auf olympisches Gold – wie der Judoka Arasch Miresmaeili 2004 in Athen. Er wurde für seine Weigerung von der iranischen Regierung so geehrt, als hätte er eine Medaille nach Hause gebracht. Musiker, die Konzerte in Israel planen, werden regelmäßig dazu aufgefordert, diese abzusagen. Der Gründer der Band „Pink Floyd“, Roger Waters, hat sich der BDS angeschlossen.
Im Mittelpunkt der Boykotte stehen Produkte aus israelischen Siedlungen. Allerdings ist es selbst der palästinensischen Regierung unter Salam Fajjad nicht gelungen, die Palästinenser im Westjordanland zu einem anhaltenden Boykott der Siedlungen zu bewegen. Dazu war die Zusammenarbeit zu groß, wie der mittlerweile zurückgetretene Premierminister Fajjad im Sommer 2012 feststellen musste.
Am 8. Juni tagte die BDS in Bethlehem, um ihre Tätigkeit auszuweiten. Die Teilnehmer beschlossen unter anderem, genau zu definieren, was in den Bereich der Normalisierung mit Israel fällt – damit sie in den Palästinensergebieten und im „palästinensischen Exil“ noch gezielter dagegen vorgehen können.

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