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Schöner wohnen in Palästina

"Dadada-Dadada", ruft der reichste Mann Palästinas, Munib el-Masri, und klatscht in die Hände, während er einer Gruppe Journalisten von seiner Rückkehr aus Damaskus erzählt. Dort habe er "optimistisch" über eine Versöhnung zwischen Hamas und Fatah verhandelt, den tief verfeindeten Parteien Palästinas. Wieder klatscht er und ruft "Dadada-Dadada". So versucht er, Tauben von seiner Traumvilla auf dem Garizim-Berg zu verscheuchen, wo die Samaritaner vor 2.000 Jahren einen Tempel in Konkurrenz zum salomonischen Tempel von Jerusalem errichtet hatten.

Der stolze Ureinwohner Palästinas stammt aus Ägypten, wie es der Nachname „El-Masri“ (Der Ägypter) verrät. „Mit 19 war ich in Chicago und hatte dort den Traum, selber mal eine Villa nachzubauen, wie sie der italienische Architekt Andrea Palladio nahe Venedig im 16. Jahrhundert entworfen hat“, sagt der rüstige 75-jährige Multi-Milliardär. „Der steht an Stelle 34 nach Bill Gates“ behauptet einer der Journalisten über den sportlichen Mann, der sein Geld mit Öl gemacht hat und dessen Firma „Padico“ angeblich 35 Prozent der palästinensischen Wirtschaft kontrolliert. Laut BBC ist El-Masri 1,62 Milliarden Dollar schwer.

Obgleich er „ganz dringend“ zu einem weiteren Termin eilen müsse, nimmt sich El-Masri ganze zwei Stunden Zeit, die Journalistengruppe durch sein Anwesen zu führen. Vor der Ankunft des Minibusses habe er in dem Schwimmbad mit olympischen Dimensionen ein erfrischendes Bad genommen. Da plätschert ein Springbrunnen, der wie die Apsis einer byzantinischen Kirche aussieht. Seine Villa, ein Palast namens „Haus Palästina“ mit einer riesigen Kuppel aus roten Ziegeln, überschaut Nablus, die eine Autostunde nördlich von Ramallah entfernt liegende palästinensische Wirtschaftszentrale. Sogar den Sand und Kies für den Bau des Palastes habe El-Masri aus Frankreich importiert. „Kurz vor der Fertigstellung besetzten israelische Soldaten mein Haus. Obgleich es noch nicht möbliert war, hinterließen sie einen Saustall“, erzählt El-Masri. Vor Kurzem hatte er israelische „Doktoren, Dichter und Journalisten“ zu einem Gedankenaustausch über den Frieden zu sich eingeladen. „Ich bin nicht nachtragend.“

Überzeugt von Zweistaatenlösung

Ehe der Hausherr eine Führung durch das Innere seines Palastes startet, will er seine politische Philosophie loswerden. Zweimal war er Minister, 1970 in der jordanischen Regierung und 1993 unter seinem langjährigen Freund Jasser Arafat. Nach dessen Tod wurde El-Masri sogar als Nachfolger gehandelt. Der Mann mit Freunden unter allen Großen der Welt ist fest von der Zweistaatenlösung überzeugt. Sie könne ganz einfach erreicht werden: Die Israelis müssten nur die Besatzung beenden, sich hinter die Grenze von 1967 zurückziehen, auf Jerusalem verzichten und rund 5 Millionen palästinensische Flüchtlinge aufnehmen.

El-Masri schwört, keinerlei geschäftliche Kontakte mit den Israelis zu unterhalten, „weil ich okkupiert bin“. Den Bau seiner protzigen Villa auf dem Höhepunkt der blutigen Intifada, als in Tel Aviv die Busse explodierten und israelische Panzer durch palästinensische Städte rollten, präsentiert er als Heldentat des Widerstandes gegen die Besatzer. „Ich habe das Haus errichtet, um die Israelis daran zu hindern, hier eine strategische Stellung zu errichten“, sagt er. Auf dem gegenüberliegenden Hügel hätten die Israelis „einen Jupitertempel zerstört für einen Militärstützpunkt“.

Auf seinem eigenen Grundstück, hinter einem gläsernen Treibhaus, steht eine hohe Antenne, „auf der sich der CIA, Telefongesellschaften und der israelische Geheimdienst eingemietet haben“, behauptet El-Masri. Über eine monumentale Treppe führt El-Masri die Journalisten stolz in sein „Privathaus“. Im Patio unter der Kuppel steht ein steinerner Herkules aus dem 16. Jahrhundert. In den grauen Beton sind in großer Höhe italienische Gemälde eingelassen. „Wenn ich nicht hinters Licht geführt worden bin, sind alle Kunstwerke hier echt“, sagt er bescheiden.

Picasso-Gemälde und Steinway-Flügel

Vom Patio aus geht es ab in einen Speisesaal mit britischem Tee-Geschirr, einen Salon mit Sesseln aus der Zeit des Sonnenkönigs Ludwig XIV. In einer Ecke seines holzgetäfelten Arbeitszimmers stehen unter einer Kopie von Spitzwegs „Buchwurm“ (1850) einige „persönliche“ Fotos, etwa mit König Hussein von Jordanien. Auf den Tischen verteilt liegen zufällig Kunstbücher zu Modigliani oder Picasso. Selbstverständlich hängen echte Modiglianis und Picassos an seinen Wänden. Für die Fotografen posiert er willig vor einem Gobelin des „größten aller Künstler“, nein, nicht Rembrandt und auch nicht Leonardo da Vinci. „Rafael natürlich“, sagt er mit erlösendem Lachen. Eine musikalisch begabte Journalistin wird gebeten, den Tasten eines Steinway-Flügels unter einer überdimensionalen palästinensischen Flagge im gewundenen Treppenhaus Klassisches zu entlocken.

Im Garten, auf einem wunderbar weichen Rasen, trotz Wasserknappheit üppig bewässert, steht ein großes Aluminiumtablett Knafe bereit, eine arabische Süßigkeit aus Honig, Gebäck und Joghurt. El-Masri teilt die üppigen Portionen selbst an jeden Gast aus. Ein Fernsehteam von „Al-Dschasira“ erscheint. El-Masri begrüßt die hübsche junge Reporterin mit Küsschen auf beide Wangen. „Das ist mein nächster Termin.“

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