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Filmkritik: „Das Herz von Jenin“

Der Film "Das Herz von Jenin" handelt von einer außergewöhnlichen Begebenheit: Eine palästinensische Familie spendet die Organe ihres Sohnes, der von israelischen Soldaten getötet wurde, teilweise an Israelis. Doch die Produzenten haben lieber alte Vorurteile bedient, anstatt die wahre Geschichte zu erzählen, meint Christian Mörken.

Es war im November 2005, kurz nach Ende des Ramadan, in Jenin im Westjordanland: Eine Gruppe palästinensischer Kämpfer liefert sich ein Feuergefecht mit israelischen Soldaten. Ahmed, ein zwölfjähriger Junge, gesellt sich zu ihnen und schwenkt kämpferisch ein schwarzes Spielzeuggewehr. Dann fallen erneut Schüsse und Ahmed stürzt zu Boden. Später heißt es, der israelische Soldat habe Ahmeds Gewehr für eine echte Waffe gehalten und sich bedroht gefühlt. Deshalb habe er geschossen. Doch zunächst gilt es, Ahmeds Leben zu retten. Eilig wird Ahmed mit einem israelischen Militärhelikopter ins Rambam-Hospital in Haifa geflogen, wo Ärzte um sein Leben kämpfen. Doch zwei Tage später können sie nur noch den klinischen Tod des Jungen feststellen.

Soweit eine Geschichte, die sich in einem Land, das im ständigen Kriegszustand lebt, schon hundertfach zugetragen hat. Ein schreckliches Versehen, ein tragischer Unfall. Doch nun geschieht das Besondere: Ein Krankenpfleger, ein arabischer Christ, überzeugt Ahmeds Vater davon, die Organe seines Sohnes zu spenden, darunter auch das Herz. Ahmeds Vater stimmt zu. So lebt Ahmed weiter. In einem drusischen Mädchen, einem Beduinenjungen, der Tochter einer ultraorthodoxen Familie und einigen weiteren Israelis. So rettete Ahmeds Tod vielen Israelis das Leben.

Aus dieser Geschichte haben der deutsche Fotograf und Filmemacher Marcus Vettel und der israelische Regisseur Lior Geller einen Film gemacht, der dieser Tage in den Kinos läuft. „Das Herz von Jenin“ erzählt zweifelsohne eine besondere Geschichte. Wo die Politik oft zu versagen scheint, bringt der Tod eines zwölfjährigen Jungen Juden, Christen und Muslime zusammen und schafft ein kleines Stück Annäherung. So könnte man die Geschichte erzählen, aber leider haben die beiden Regisseure diese Chance verpasst. Stattdessen verfallen sie in ein simples „Gut und Böse«-Schema.

Einseitige Darstellung

Der Gute ist schnell ausgemacht: Ahmeds Vater. Die Bösen auch: die skurrilen, scheinbar undankbaren Juden. Der Vater des orthodoxen Mädchens wird mit wenig versöhnlichen Sätzen zitiert: Es wäre ihm lieber gewesen, „die Organe wären von einem Juden gekommen“, und „Diese verrückten Araber versuchen ständig, uns umzubringen“, sagt er in die Kamera. Verstärkt wird diese Tendenz noch durch eine Szene, die einen ausgeflippt tanzenden orthodoxen Juden zeigt. Was diese Szene zum Film beitragen soll, bleibt rätselhaft. Israel: ein Land von Rassisten und Verrückten? Leider unerwähnt bleiben die israelischen Piloten, die Ahmed ins Krankenhaus flogen, genauso wie die israelischen Ärzte, die um sein Leben kämpften. Auch dass Ministerpräsident Ehud Olmert sich persönlich bei Ahmeds Vater für die Organspende bedankte, sowie dass jährlich Hunderte Israelis Organe an Palästinenser spenden, ist den Regisseuren keine Erwähnung wert.

Keine Frage: Die Entscheidung von Ahmeds Vater, die Organe seines Sohnes zu spenden und so vielen anderen Menschen zum Leben zu verhelfen, verdient Anerkennung und Dankbarkeit. Der Film aber bedient über große Strecken antiisraelische und antijüdische Vorurteile, die diesen Akt der Menschlichkeit, der gerade keinen politischen Hintergrund hatte, genau darauf reduzieren. Der aus reiner Nächstenliebe handelnde Palästinenser steht arroganten und rassistischen Israelis gegenüber. Das ist nicht die Geschichte, wie sie wirklich war, aber leider die Geschichte, die der Film erzählt. Schade.

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