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USA und Israel im Herbst: Ein wenig meschugge

Während Washingtons Diplomaten betont vorsichtig agieren, um vor einem Irak-Feldzug die Araber nicht zu verprellen, gehen Evangelikale auf die Straßen des District of Columbia und rufen aus: „Wir stehen zu Israel!“

So geschehen am Wochenende. Die (konservative) Christian Coalition unter der Leitung von Roberta Combs aus South Carolina brachte Tausende vor die Tore des Weißen Hauses. Mit dabei führende Repräsentanten des konservativen politischen Spektrums.

Der Fernsehprediger und frühere Präsidentschaftskandidat Pat Robertson betonte Israels Recht auf Jerusalem als ungeteilte Hauptstadt. „Dieser Ort hatte schon eine Bedeutung lange bevor irgend jemand etwas von Mohammed und seinem Clan gehört hat“, sagte er. Und weiter: „Es gibt Millionen von uns (Evangelikalen, d. Red.) – und wir stehen zu Israel egal was die Vereinten Nationen tun.“ Zahlreiche Senatoren unterstützten die Kundgebung – darunter der demnächst 100 Jahre alte Senator Strom Thurmond aus South Carolina.

Aus Israel waren Jerusalems Bürgermeister Ehud Olmert (Likud) und der Chef der Moledet-Partei, Tourismusminister a.D. Benny Elon, angereist. Der Sprecher der israelischen Botschaft in Washington, Mark Regev, lobte die Initiative. Es sei ein gutes Gefühl zu wissen, daß viele Menschen in Amerika auf die Straße gingen, um zu bekunden: „Wir unterstützen Israel.“

US-Präsident George W. Bush, dessen konservative Republikanische Partei bei den bevorstehenden Wahlen zum Abgeordnetenhaus und Teilen des Senats auf die Unterstützung der Evangelikalen angewiesen ist, sandte ein Videoband mit einem Grußwort. Seine Chefdiplomaten um Außenminister Colin Powell reagieren weitaus zurückhaltender. Sie wollen alles vermeiden, was die sogenannten „gemäßigten arabischen Staaten“ verprellen und so die militärischen Pläne im Irak erschweren könnte. Deswegen behandeln die US-Diplomaten Israel so wie einen Blutsverwandten, der ein wenig meschugge ist – und deshalb über die Feiertage aufs Land geschickt werden soll, damit sich der Besuch nicht ärgert.

Sorge hat das State Department vor allem vor einem möglichen israelischen Vergeltungsschlag im Falle eines Angriffs durch Saddam Hussein. Vor elf Jahren, im ersten Golfkrieg, verzichtete Israel zähneknirschend auf einen Gegenangriff, als die Scud-Raketen das Heilige Land trafen. Damals standen arabische Truppen gemeinsam mit den Amerikanern und Briten in der saudischen Wüste, um das Emirat Kuwait aus Saddams Klauen zu reißen. Ein Angriff Israels hätte das sofortige Ende dieser Koalition bedeutet.

Die „gemäßigten“ arabischen Politiker aus Kairo und anderen Hauptstädten sorgten freilich mit dafür, daß der Diktator von Bagdad weiter regieren konnte. Obwohl der Weg in die Hauptstadt des Irak offen war, ließ die US-Führung die Truppen stoppen. Damals war übrigens Colin Powell oberster US-Militär.

Israels Premierminister Ariel Sharon, der am Montag in Washington eintrifft, wird mit Bitten zur Mäßigung konfrontiert werden – vor allem im Blick auf die Palästinenser. Seine Gesprächspartner werden sehr genau zuhören, um festzustellen, was Sharon tun wird. Beobachter gehen davon aus, daß dem Premier in Amerika Planspiele vorgestellt werden und die Frage: „Was tust Du, wenn …?“ Außerdem hätten die Amis gern – als Zeichen des guten Willens – einen weiteren Abzug von Israels Militär aus den Gebieten. Judäa käme hier aus Washingtons Sicht in Frage.

Sharon wird sich davon freilich nicht beeindrucken lassen. Sein Kampf gilt dem Terror. Dessen Ende ist Jerusalems vorrangiges Ziel.

Was Terror anrichten kann, erfahren die Bewohner der Capital Region derzeit hautnah. Seit dem 2. Oktober treibt ein unbekannter Heckenschütze sein Unwesen im Großraum Washington. Er schießt gezielt aus großer Entfernung auf Menschen. Bisherige Bilanz: Acht Tote und zwei Schwerverletzte.

In Maryland lassen Eltern die Kinder nicht mehr aus dem Haus. An Tankstellen (der bevorzugte Anschlagsort) in Virginia schauen Autofahrer genau um sich, bevor sie (für umgerechnet 0,40 Euro je Liter) ihre Wagen volltanken. Auf allen Kanälen jagt eine Sondersendung die nächste. Und jeden Tag erhöht sich die Belohnung für sachdienliche Hinweise zur Ergreifung des oder der Verrückten.

Terror kann Angst und Schrecken verbreiten – und er muß bekämpft werden. Darin waren sich die Bürger in Washington D.C. und Jerusalem, Potomac/Maryland und Netanya, im Spotsylvania County/Virginia und in Samaria selten so einig wie in diesen Tagen.

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