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Kommentar: Auf dem Weg zur Schlachtbank

Aus Jerusalem werden die altvertrauten Bilder in alle Welt ausgestrahlt: Der durch die Explosion demolierte Bus, eine Reihe von Leichen in Plastikbeuteln, Krankenwagen, Polizei, die Verletzten werden geborgen und ultra-orthodoxe Juden sammeln die zerfetzten Körperteile. Mindestens 19 Tote und 50 Verletzte sind es diesmal, darunter Kinder und Jugendliche, die auf dem Weg in die Schule waren.

Eigentlich müßte jetzt ein Vertreter der Kirchen erscheinen, um die Solidarität der Christenheit mit dem Leiden des jüdischen Volkes zum Ausdruck zu bringen. Aber das geschieht nicht. Keine der meist christlichen Friedensinitiativen hat je einen Kranz an einem Ort niedergelegt, an dem Juden ums Leben kamen. Im Nahen Osten wird in der Regel nur gegen Gewalt auf einer Seite demonstriert. So wie eben auch die Vertreter des Lutherischen Weltbundes vor ein paar Wochen, die sich mit dem zufrieden lächelnden Arafat fotografieren ließen.

Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, daß nur diejenigen Juden gut sind, die sich schweigend zur Schlachtbank führen lassen, wie einst in die Gaskammern. Wo das jüdische Volk die Rolle des still Leidenden abstreift und sich wehrt, wacht die Welt aus ihrer Apathie auf und äußert ihr Mißfallen. Täusche ich mich? Jedenfalls empfinden Israelis das so.

Am Ort des Massakers ist der israelische Premierminister eingetroffen. Er läßt sich erklären, was geschehen ist, macht sich selbst ein Bild von der Lage und bleibt wortkarg, denn „die Bilder sprechen für sich selbst, mehr als alle Worte!“ In Anspielung auf das neuerliche Bestreben des amerikanischen Präsidenten, einen „vorläufigen Palästinenserstaat“ zu errichten, fragt Sharon: „Um was für einen Staat geht es den Palästinensern eigentlich?“

Die Frage ist mehrdeutig. Was meint der Regierungschef? Wenn die Palästinenser ihre eingeschränkte Freiheit und die Spendengelder schon dazu mißbraucht haben, um ein Terrornetz, Bombenlaboratorien und Waffenlager aufzubauen, ihre Kinder zum Haß, Kampf und zu Selbstmordattentaten heranzuziehen, wozu würden sie dann einen unabhängigen Staat nutzen? In Israel malt sich so mancher aus, was ein unabhängiger Terrorstaat innerhalb der Grenzen Israels für Folgen haben könnte.

Vielleicht hatte Ariel Sharon mit seiner Frage aber auch etwas anderes im Sinn. Geht es den Palästinensern überhaupt um einen eigenen Staat? Ist ihr Ziel wirklich Unabhängigkeit? Im Juli 2000 hatte der damalige Premierminister Ehud Barak ihnen genau das angeboten. Oder bleibt ihr Ziel die undifferenzierte Vernichtung jüdischer Zivilisten, die sie tagtäglich praktizieren und nur zu oft propagieren?

Auf lutherische Kirchen wird niemand Steine werfen, weder in Europa, noch in Afrika, und schon gar nicht Juden. Israel erwartet nicht mehr, daß sich „die Kirche“ mit ihm solidarisiert. 2000 Jahre Kirchengeschichte haben das jüdische Volk hinreichend gelehrt, daß der Gott der Christen nicht der Gott Israels sein kann. Heute wollen sich Israelis nur noch verteidigen, denn ihren Kindern haben sie geschworen, sich nie mehr schweigend zur Schlachtbank führen zu lassen.

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