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Schwanger durch Schokoriegel

Wundersame Geburten sind im Heiligen Land nichts Besonderes. Die Wege des Herrn sind bekanntlich unergründlich und jede Religion findet ihre eigenen, meint Nahostkorrespondent Ulrich W. Sahm.
Schokoriegel können auch dem Schmuggel dienen
Die stellvertretende Bürgermeisterin von Ramat Gan, Adva Pollak, beschwört Frauen, sich nicht auf eine Stahlskulptur des Künstlers Menasche Kadischman zu werfen. Sie würden dadurch nicht schwanger. Hunderte jüdische Frauen strömen zum Grab der Erzmutter Rahel vor den Toren von Bethlehem, weil sie dort „garantiert“ guter Hoffnung werden. Jungfrauen in den palästinensischen Autonomiegebieten verlassen sich weder auf den Heiligen Geist noch auf Skulpturen aus Stahl. Sie erliegen der „zartesten Versuchung“ – und werden befruchtet durch Schokoriegel.

„Spiegel“ begleitet Frau eines Häftlings

„Wir glauben erst mal gar nichts“, erklärt Hauke Janssen vom „Spiegel“ und hat „keine Angst vor der Wahrheit“. Mit einem Heer von 70 Journalisten überprüft der Mann aus Helgoland jedes Wort in eingereichten Artikeln. So veröffentlichte er auch die Geschichte des italienischen Fotografen Antonio Faccilongo. Dieser hat Hana al-Sa‘anin aus Gaza begleitet. Ihr Mann, ein verurteilter Massenmörder und aktiver Kämpfer der Hamas, sitzt seit fünf Jahren für die nächsten 600 Jahre in einem israelischen Hochsicherheitstrakt. Hana kann ihn beim Besuch im Gefängnis nur durch ein Fenster sehen. Körperkontakt gibt es keinen. Aber bis zu acht Jahre alte Kinder dürfen mit den Gefangenen spielen und fungieren so als Schmuggler. „Das Sperma des Vaters kommt in einen leeren Stift, der wiederum in einem Schokoriegel oder einer anderen Süßigkeit versteckt wird. Die Kinder bekommen die Süßigkeit als Geschenk, nehmen sie aus dem Gefängnis mit und geben sie der Mutter. Mit dem Röhrchen fährt sie dann zur Klinik.“

Teil des Widerstandes

Abdul-Karim al-Hindawi, ein in Russland ausgebildeter Fruchtbarkeits-Arzt, hat Hanas Familie beraten: „Der Samen sollte in Plastik eingewickelt werden oder in einem Röhrchen zwischen den Brüsten transportiert werden, wo es warm und dunkel ist. Sowie der Samen zu uns gelangt, frieren wir ihn ein.“ Für die aus Schokoriegel befruchteten Frauen sind deren Kinder ein Teil des palästinensischen Widerstands. Ärzte in Gaza behandeln die Frauen deshalb kostenlos. Der Fotograf fügt hinzu: „Die Palästinenser sind die aufgeschlossensten Menschen in diesem Teil der Welt. Künstliche Befruchtung ist dort kein Tabu.“ Es gebe schon 20 derart gezeugte Kinder im Gazastreifen, darunter von Jungfrauen, die geheiratet haben, als die Männer schon im Gefängnis saßen. Der Blogger Gerd Buurman aus Köln schrieb dem „Spiegel“ einen öffentlichen Leserbrief und wandte ein: „Spermien sind ausgesprochen empfindlich und an der Luft nur wenige Minuten überlebensfähig. Sie müssen sich bewegen können, um eine Eizelle zu befruchten. Sie sind nur in ihrer Flüssigkeit (Seminalplasma) bewegungs- und überlebensfähig. Sobald das Ejakulat an der Luft ist, beginnen die Veränderungsprozesse in der Flüssigkeit. Um Spermien zu archivieren, braucht es perfekte, sterile Bedingungen und moderne, wissenschaftliche Technik!“ Nathan Warszawski, ein Arzt aus der Eifel, erklärt: „Die Frauen heiraten die Gefängnisinsassen, um von aufdringlichen Freiern unbelästigt zu bleiben, denn eine heiratsfähige unverheiratete Frau gilt trotz Kinder in der islamischen Gesellschaft als Freiwild oder Schlampe. Zum anderen erhalten palästinensische Frauen, deren Ehemänner Juden ermordet haben, lebenslänglich eine Rente von einigen Hundert Euro im Monat, die von der EU beglichen wird.“ Warszawski hat auch medizinische Bedenken: „Ob auf diese Weise eine künstliche Befruchtung gelingt, mag bezweifelt werden. Möglicherweise ist der Samen eines palästinensischen Widerstandshelden dank halal und Allah so robust, dass ihm medizinische Kleinigkeiten nichts anhaben.“

Immer mehr Medien berichten über geschmuggelte Spermien

Dalal Saban, 31, aus Ramallah sagte nach der Geburt eines gesunden Jungen: „Das Baby ist ein Geschenk Gottes.“ Seit 2012 tauchen in palästinensischen wie britischen Medien immer wieder Berichte über frisch geborene Babys auf, die mit „geschmuggelten Spermien“ gezeugt wurden. Sogar Reuters und die BBC veröffentlichen solche Geschichten mit einem Bild von Mutter und Kind, während ein Foto des Vaters an der Wand im Hintergrund hängt. Im Juni berichtete auch „Focus“ von Schmuggelsperma und Retortenbabys in Gaza. „Das Leben“, so sagte schon Forrest Gump, „ist wie eine Schachtel Pralinen: Man weiß nie, was man kriegt.“

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