Suche
Close this search box.

Für Doku-Dreh über Flüchtlinge: Ai Weiwei erstmals in Israel

JERUSALEM (inn) – Der chinesische Künstler Ai Weiwei ist für eine Dokumentation über Flüchtlinge in aller Welt erstmals nach Israel gereist. Im Interview gibt er an, gegenüber der Nahost-Region lange ignorant gewesen zu sein und wenig über sie zu wissen.
Ai Weiwei reiste für den Dreh zu einer Dokumentation über Flüchtlinge nach Israel und in die palästinensischen Gebiete (Archivbild)
Der vielbeachtete chinesische Künstler Ai Weiwei ist zu Dreharbeiten für eine Dokumentation über die weltweite Flüchtlingssituation das erste Mal nach Israel gekommen. Er drehte in mehr als 20 Flüchtlingslagern in der Türkei, im Libanon, in Jordanien, aber auch im Gazastreifen und im Westjordanland. Im Westjordanland besuchte er die Flüchtlingslager Deheische und Aida. Für die Dokumentation führte er mit mehr als 100 Personen Interviews, nicht nur mit Flüchtlingen, sondern auch mit Politikern, Aktivisten, Ärzten und Priestern. Offizielle israelische Vertreter antworteten laut der Tageszeitung „Ha‘aretz“ nicht auf seine Anfrage, ihn zu treffen. Er kam aber mit dem Knessetmitglied Ajman Odeh von der Vereinigten Arabischen Liste und mit Hagai Elad, dem Leiter der linksgerichteten israelischen Organisation „B‘Tselem“. zusammen. Da er die israelische und die palästinensische Seite zeigen wollte, fehlten ihm für seine Dokumentation Erklärungen von israelischen Vertretern. Der Grund der Ablehnung sei ihm nicht bekannt: „Es ist wahrscheinlich mehr Ignoranz oder Vernachlässigung als eine richtige Entscheidung, dass sie es nicht machen wollen.“ Die Einreise über den Eres-Übergang in den Gazastreifen wurde ihm kurz vor dem israelischen Unabhängigkeitstag erst verwehrt, aber schließlich gestattet, berichtet „Ha‘aretz“. Neben der Reise in den Gazastreifen gab ihm die armeekritische Nichtregierungsorganisation „Breaking the Silence“ eine Tour nach Hebron und Umgebung. Mit „Ha‘aretz“ sprach der Künstler, bevor er in den Gazastreifen reiste. „Ich kann sehen, ich bin ziemlich ignorant gegenüber dieser Region gewesen, ich weiß sehr wenig“, sagte er. „Aber das ist ein Land der frühesten Zivilisation und mit einer sehr bunten Geschichte von Konflikten, die andauern.“

Ai: Lager im Westjordanland besser als andere

Über die Flüchtlingslager im Westjordanland sagte Ai: „Wenn ich einen Vergleich ziehen kann, durch meinen geringen Kontakt: Die Lager hier sind besser als die Bedingungen in den meisten Lagern.“ Es scheine ihm so, dass es „eine starke Gemeinschaft hier gibt, aber natürlich unter Besatzung, und natürlich sind die Menschen hier sehr, sehr verzweifelt“. Er habe mit Jungen gesprochen, die über „die sehr hohe Trennungsmauer“ klagen, darüber, dass sie keine Reisefreiheit hätten und nicht wüssten, was auf der anderen Seite ist. Ai zeichnet dieses Bild als Metapher: Es sei, als hätte jemand einen Stuhl an das Bein eines Menschen gebunden und er beginnt, zu laufen. Nach einer Weile fühle sich derjenige, als sei der Stuhl Teil seines Beines. Die Situation sei möglich, weil er laufen müsse und es auch immer noch könne. Eine Ausstellung im „Tel Aviv Museum of Art“ sagte die Stätte laut eigenen Angaben aus terminlichen und Finanzierungs-Problemen ab. Das Museum wolle aber gerne mit Ai zusammenarbeiten. Ein Fotograf, Miki Kratsman, der gemeinsam mit Ai ausstellen wollte, warf dem Museum vor, dass es die Ausstellung abgesagt habe, weil er Bilder von Palästinensern zeigen wollte. Ob die Entscheidung politisch motiviert sei, wisse Ai nicht. Es sei aber die einzige seiner 400 Ausstellungen, die von einem Museum abgesagt wurde. Die Flüchtlingsdokumentation will Ai voraussichtlich 2017 veröffentlichen. Seine Dreharbeiten dazu sind noch nicht abgeschlossen. Bereits im Februar 2016 hatte sich Ai in seiner Kunst mit der Flüchtlingssituation befasst. Mit einer Installation aus Schwimmwesten im Konzerthaus am Berliner Gendarmenmarkt wollte er auf das Schicksal von Flüchtlingen aufmerksam machen, die auf dem Seeweg nach Europa ertrunken sind. In China war der regierungskritische Künstler wegen seines Wirkens bereits in Haft. Mitte Juli 2015 erhielt Ai von den Behörden seinen Pass zurück. Damit endete ein Reiseverbot für den Künstler, das seit der Verhaftung 2011 in Kraft war. (ms)

Bitte beachten Sie unsere Kommentar-Richtlinien

Schreiben Sie einen Kommentar

Offline, Inhalt evtl. nicht aktuell

Israelnetz-App installieren
und nichts mehr verpassen

So geht's:

1.  Auf „Teilen“ tippen
2. „Zum Home-Bildschirm“ wählen