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„Günter Grass ließ nicht von Kreuzzug gegen Israel ab“

JERUSALEM / LÜBECK (inn) – Der Verband hebräischsprachiger Schriftsteller hat den Beitrag von Günter Grass zur internationalen Literatur gewürdigt. Gleichzeitig kritisierte er die Haltung des am Montag verstorbenen deutschen Nobelpreisträgers zum jüdischen Staat – und erinnerte an dessen umstrittenes Gedicht „Was gesagt werden muss“.
Der Schriftsteller Günter Grass ist am Montag mit 87 Jahren verstorben.
Vor drei Jahren erregte Günter Grass vor allem in Israel Aufsehen mit einem Gedicht. Unter der Überschrift „Was gesagt werden muss“ forderte er „mit letzter Tinte“, Deutschland dürfe keine U-Boote an Israel verkaufen – wegen dessen Atompotenzials. Infolge des als antisemitisch gewerteten Gedichtes belegte ihn der jüdische Staat mit einem Einreiseverbot. Am Montag ist der deutsche Schriftsteller, der 1999 den Literaturnobelpreis erhielt, im Alter von 87 Jahren in Lübeck gestorben. Der Vorsitzende des Verbandes hebräischsprachiger Schriftsteller in Israel, Herzl Chakak, äußerte am Montag seine Trauer über Grass‘ Tod. Der Schriftsteller habe einen großen Beitrag zur internationalen Literatur geleistet, schrieb er in einer Mitteilung. Doch beim israelischen Verband gelte Grass weiterhin als umstritten. Im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa sprach Chakak von einer „Delegitimierungskampagne“ und einem „modernen Kreuzzug“ gegen den jüdischen Staat, den er bis zum Schluss fortgeführt habe. Der Israeli erinnerte auch daran, dass Grass während der Nazizeit SS-Mitglied gewesen war, was der Deutsche erst vor ein paar Jahren eingestanden hatte. Auch der israelische Historiker Mosche Zimmermann kritisierte den Verstorbenen und bezeichnete dessen Israelkritik als Überschreitung einer roten Linie. Viele Israelis, die seine Bücher sehr schätzten, hätten sich dadurch verletzt gefühlt. Aufgrund seiner Nazivergangenheit habe Grass nicht als objektiver Kritiker auftreten können.„Er konnte dies nicht mit sauberen Händen tun“, zitiert „Zeit Online“ den Historiker. „Seine Hände waren schmutzig.“

Grass im März: „Israelkritik ist kein Antisemitismus“

Mitte März hatte Grass auf der Leipziger Buchmesse gezeigt, dass er seine in dem Gedicht geäußerten Ansichten nicht geändert hatte. „Israel muss zugeben, dass es eine Atommacht ist, wie der Iran“, sagte er laut des Radiosenders „Galei Zahal“ bei einem Gespräch mit israelischen Journalisten. „Israel und auch andere Staaten im Nahen Osten, die Atomwaffen haben, müssen einer internationalen Aufsicht zustimmen.“ Er habe viele Male Israel besucht, ergänzte der deutsche Schriftsteller bei dem Treffen. Doch sehe er sich auch den Palästinensern verpflichtet. „Wenn ich mit jemandem befreundet bin, muss ich in der Lage sein, von ihm Kritik anzunehmen, und darf nicht sagen, dass das Antisemitismus sei.“

Lob von Rushdie und Kertész

Lobende Worte für den Nobelpreisträger fand der indisch-britische Autor Salman Rushdie auf Twitter: „Das ist sehr traurig. Ein echter Gigant, Inspiration und Freund. Trommle für ihn, kleiner Oskar.“ Der ungarische Literaturnobelpreisträger und Auschwitz-Überlebende Imre Kertész würdigte Grass mit den Worten: „Wir haben uns nicht mit demselben Thema beschäftigt, aber wir waren Freunde und haben uns gegenseitig geschätzt.“ Auch führende deutsche Politiker wie Bundespräsident Joachim Gauck und Außenminister Frank-Walter Steinmeier bekundeten ihre Trauer über den Tod des Schriftstellers. Der Linken-Politiker Gregor Gysi äußerte die Ansicht, dadurch entstehe eine tiefe Lücke in Deutschland. „Wie nur wenige andere hat Günter Grass das Land literarisch geprägt und sich wortgewaltig in die großen gesellschaftspolitischen Auseinandersetzungen eingebracht“, erklärte Gysi nach Angaben der „Süddeutschen Zeitung“. (eh)

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