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Netanjahu: Völlige Stilllegung möglich

Den Wortmeldungen israelischer Minister zufolge wird sich die Corona-Krise in den kommenden Tagen verschärfen. Um die Effekte abzumildern, bietet Staatspräsident Rivlin den Kindern Israels eine besondere Lesung.
Lässt sich von der Geschichte Israels optimistisch stimmen: Premier Netanjahu

JERUSALEM (inn) – Sollte sich das Coronavirus in Israel weiter ausbreiten, könnte die Regierung in wenigen Tagen die Stilllegung des Landes vollständig ausweiten. Das sagte Premier Benjamin Netanjahu am Mittwochabend. In diesem Fall wäre nur noch die Besorgung von Essen und Medizin erlaubt. Die Regierung bereite sich sowohl logistisch wie auch rechtlich darauf vor.

Zugleich versuchte Netanjahu, mit Beginn des Frühlingsmonats Nisan Optimismus zu versprühen. Im Nisan entkam das Volk Israel laut biblischer Überlieferung der ägyptischen Gefangenschaft. „Wir überlebten den Pharao, und obwohl der Kampf hart und kompromisslos wird, werden wir auch Corona überleben.“

Arbeitslosigkeit bei über 20 Prozent

Vorerst hält die Ausbreitung des Virus trotz der bereits ergriffenen Maßnahmen an. Die Zahl der Infizierten lag am Donnerstagmorgen nach Angaben des Gesundheitsministeriums bei 2.666. Von ihnen befinden sich demnach 39 in kritischem Zustand. Fünf mit Infekt sind gestorben, am Donnerstag kamen drei weitere Todesfälle hinzu. 66 haben sich inzwischen erholt. Von Mittwochmorgen bis Donnerstagmorgen wurden 5.240 Tests vorgenommen.

Die Krise wirkt sich auch weiter auf die israelische Wirtschaft aus. Inzwischen hat die Arbeitlosenrate die 20-Prozent-Marke überschritten. Seit Anfang März sind 700.000 Arbeitssuchende hinzugekommen.

Am Mittwochabend schloss zudem die Grabeskirche in Jerusalem ihre Pforten. Gottesdienste werden stattfinden, allerdings mit begrenzter Teilnehmerzahl. Die Kirchenverantwortlichen wollen damit zur Eindämmung des Virus beitragen. Die Maßnahme soll zunächst eine Woche lang bestehen.

Die beiden israelischen Oberrabbiner ordneten infolge eines Beschlusses der Regierung die Schließung aller Synagogen an. Gebet unter freiem Himmel, „wenn möglich in der Nähe einer Synagoge“, sei weiterhin zulässig. Die Gläubigen sollten jedoch die Abstandsregeln beachten. Laut den Regelungen der Regierung, die seit Mittwochabend gelten, müssen in Israel alle Gotteshäuser schließen.

In den Gebieten der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA) liegt die Zahl der Infizierten bei 75, im Gazastreifen bei neun. Das berichtet die palästinensische Nachrichtenagentur WAFA. Ein Sprecher der Autonomiebehörde rief Regierungen in aller Welt dazu auf, den Palästinensern Corona-Tests zur Verfügung zu stellen; es herrsche ein „großer Mangel“ an dieser Ausrüstung.

Armeechef: Streitkräfte in Bereitschaft

Ebenso wie Netanjahu sieht der israelische Armeechef Aviv Kochavi den Höhepunkt der Krise noch kommen. Damit sei auch die Armee gefordert, sich stärker an den Hilfsmaßnahmen zu beteiligen, schrieb er laut der Zeitung „Jerusalem Post“ in einem Brief an Kommandeure.

Die Armee bleibe indessen weiter in der üblichen Alarmbereitschaft, um sich bei einem möglichen Angriff zur Wehr setzen. Auch eine größere Militäroperation sei bei Bedarf weiterhin möglich. Nach Angaben der Armee ist die Zahl der Terroranschläge im Westjordanland um 50 Prozent zurückgegangen. In einer „normalen“ Woche zählt die Armee im Schnitt bis zu 35 Anschläge. Der Rückgang ist vermutlich auf die strikten Ausgangsregeln bei den Palästinensern zurückzuführen.

Verteidigungsminister Naftali Bennett sprach am Mittwoch davon, dass besonders die kommenden Tage kritisch seien: „Wir nähern uns der exponentiellen Phase der Epidemie.“ Zwar gebe es Verständnis in der Bevölkerung für die Quarantäne-Maßnahmen, und das stimme ihn optimistisch. „Aber in den nächsten Tagen werden wir in die Hocke gehen.“

Bahnverkehr gestoppt

Zu dieser Bewegung gehört bereits die Aussetzung des Bahnbetriebs im ganzen Land. Seit Mittwoch fährt in Israel auf unbestimmte Zeit kein Zug mehr. Die Bahnbetriebe folgen damit nach eigenen Angaben einer Entscheidung des Verkehrsministeriums.

Eine andere Art von Verkehr erfährt zumindest eine Einschränkung: Netflix hat angekündigt, die Qualität seines Streamingangebotes in Israel zu reduzieren. Dies geschehe infolge einer Anfrage der Regierung. Da sich viele Israelis in Heimquarantäne befinden, nutzen sie auch verstärkt das Internet. Der Datenverkehr hat laut der Internetanbieter in der Krise um 30 Prozent zugenommen. Netflix hat die Maßnahme auch für Indien angekündigt.

Rivlin fordert „Kunst des Gehorsams“

Der israelische Staatspräsident Reuven Rivlin rief die Bürger in Israel noch einmal eindringlich dazu auf, sich an die Corona-Regeln zu halten. Es bedürfe nun der „Kunst des Gehorsams“ zum Wohle aller. „Sogar wenn wir meinen, dass die Maßnahmen falsch sind, müssen wir gehorchen und uns daran halten.“

Für die Kinder kündigte Rivlin indessen ein besonderes Angebot an: Am Donnerstagabend, 19 Uhr Ortszeit, wird er in einem Livestream die Kindergeschichte „Tefilaila“ („Nachtgebet“) der Autoren Michal Cohen Chai und Maja Hanoch vorlesen. Damit will er Kindern mögliche Ängste nehmen. Rivlin schrieb auf Twitter: „Das ist ein Gebet, das alle bösen Gedanken verbannt, ein Gebet, das uns beruhigen wird, wenn wir schlafen gehen.“ In der Geschichte geht es darum, dass es wichtig ist, auch für die scheinbar selbstverständlichen Dinge Danke zu sagen.

Von: df

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