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„Juden reden zu viel über den Holocaust“

Mehr als 40 Prozent der Deutschen glauben, dass jüdische Mitbürger eher Israel als Deutschland die Treue halten. Das zeigt eine neue Studie. Sie gibt darüber hinaus Einblicke, wie verbreitet Antisemitismus heute in Deutschland ist.
In Deutschland leben derzeit rund 100.000 Juden

BERLIN (inn) – Fast jeder vierte Deutsche, rund 27 Prozent, hegt antisemitische Gedanken. Das hat eine Umfrage des Jüdischen Weltkongresses (WJC) ergeben. Der Dachorganisation sind jüdische Gemeinden und Organisationen aus mehr als 100 Ländern angeschlossen.

Bisherige Studien seien davon ausgegangen, dass etwa 15 bis 20 Prozent der Deutschen „latent antisemitische Einstellungen haben“, erklärte der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, nach Veröffentlichung der neuen Ergebnisse.

Die aktuelle, repräsentative WJC-Studie liegt der „Süddeutschen Zeitung“ vor. Sie berichtet von bemerkenswerten Umfragewerten unter Hochschulabsolventen mit einem Jahreseinkommen von mindestens 100.000 Euro. Diese Gruppe wird in der Studie als „Elite“ bezeichnet. Rund 18 Prozent der Zugehörigen tragen sich mit antisemitischen Gedanken.

So behaupten 28 Prozent, Juden hätten zu viel Macht in der Wirtschaft, 26 Prozent bescheinigen Juden zu viel Macht in der Weltpolitik. Fast die Hälfte der Elite, 48 Prozent, behauptet, Juden verhielten sich loyaler zu Israel als zu Deutschland.

Weniger als die Hälfte über Gewalt gegen Juden besorgt

Zugleich geben zwei Drittel dieser Gruppe an, sie würden eine Petition gegen Antisemitismus unterzeichnen. Von allen befragten Deutschen erklärt ein Drittel, es würde gegen Antisemitismus auf die Straße gehen. Ebenfalls ein Drittel ist der Meinung, Juden würden in Deutschland nicht gut behandelt. Etwa 44 Prozent aller Umfrageteilnehmer zeigen sich besorgt über Gewalt gegen Juden oder jüdische Einrichtungen.

41 Prozent aller Deutschen sind der Meinung, Juden redeten zu viel über den Holocaust. Ebenfalls 41 Prozent stimmten der Aussage zu, „Juden halten eher Israel als Deutschland die Treue“. 12 Prozent machen Juden für die meisten Kriege auf der Welt verantwortlich.

Für die Studie wurden 1.300 Teilnehmer befragt. Die Befragung fand vor dem tödlichen Anschlag auf die Synagoge in Halle statt.

Antisemitismusbeauftragter fordert Konsequenzen

Laut der „Süddeutschen Zeitung“ erklärte der Präsident des Jüdischen Weltkongresses, Ronald S. Lauder, angesichts der Studie, Antisemitismus habe in Deutschland einen Krisenpunkt erreicht. Wenn sich mehr als ein Viertel der Gesellschaft mit Antisemitismus identifiziere, sei es Zeit für die restlichen drei Viertel, Demokratie und tolerante Gesellschaften zu verteidigen, betonte Lauder.

Klein sieht ebenfalls einen neuen Höhepunkt erreicht: „Antisemitismus war in bürgerlichen Kreisen in Deutschland immer vorhanden. Doch heute äußern sich die Menschen offener. Die Hemmschwellen sind gesunken, zum Beispiel durch die Verbreitung von Hass und die Verrohung im Internet.“

Als Konsequenz sieht der Antisemitismusbeauftragte Staat und Gesellschaft in der Pflicht. Es sei skandalös, dass viele Verfahren über antisemitische Straftaten von den Staatsanwaltschaften eingestellt würden. Antisemitismus müsse von gerichtlicher Seite stärker geahndet werden.

Von: dn

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