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„Die Menora nach Hause gebracht“

Nach dem Brand des zweiten Tempels vor 2.000 Jahren erbeuteten die Römer die goldene Menora und brachten sie von Jerusalem nach Rom. In einem einzigartigen Projekt führten nun elf Christen aus Westeuropa eine eigens dafür angefertigte Replika zurück nach Jerusalem.
Die Freude ist groß, als die Menora nach ihrer langen Reise nun endlich in Jerusalem an eine jüdische Gemeinde überreicht wird

JERUSALEM (inn) – Wie kein zweites Symbol steht die Menora, der siebenarmige Leuchter, als Symbol für das Judentum. Sie begleitete das Volk der Juden bereits mit der Stiftshütte. Später hat sie im salomonischen Tempel gestanden. Als der zweite Tempel im Jahr 70 nach Christus brannte, erbeuteten die Römer unter anderem die goldene Menora und brachten sie nach Rom.

Für eine Gruppe von Christen aus Deutschland steht fest: „Die Menora muss zurück nach Jerusalem.“ Auf ihrer Webseite erklären sie: „Der Triumph der Römer bahnte den Weg für den Triumph der Kirche. Rom sollte nun zur ‚ewigen Stadt‘, zum ‚neuen Jerusalem‘ werden, und die Kirche zum ‚wahren Israel‘. Aller Verheißungen beraubt, galt dem enterbten jüdischen Volk nur noch der Fluch. Pogrome und Verfolgungen durchzogen daraufhin alle Jahrhunderte. Als keiner damit gerechnet hatte, fiel 1948 Gottes Licht in die dunkelste Stunde des jüdischen Volkes und die Menora fand ihren Platz im Staatswappen Israels.“

71 Jahre nach der Staatsgründung Israels bringen elf Christen aus Deutschland, der Schweiz und den Niederlanden eine Nachbildung des erbeuteten Leuchters von Rom nach Jerusalem. „Es ist ein Geschenk an das jüdische Volk“, sagt Luca Hezel, Initiator des Projekts. „Die eigentliche Idee zu dem Projekt hatte ein Holländer, der lange in Jerusalem gelebt hat“, berichtet Hezel. „Bart Repko sagte einmal zwischen seinen Proklamationen über Jerusalem auf der Stadtmauer: ‚Wir Christen müssen die Menora von Rom nach Jerusalem zurückbringen.‘ Der Satz ist bei mir eingeschlagen und ich habe überlegt, wie sich das umsetzen ließe.“

Repko ist vor wenigen Wochen verstorben, doch seine Vision der Menora in Jerusalem sei Wirklichkeit geworden. Wo die originale Menora geblieben ist, ist historisch nicht gesichert, doch zur Erinnerung ist am römischen Titusbogen die Szene dargestellt, wie die Römer triumphierend die Tempelmenora von Jerusalem nach Rom brachten. Nur wenige Tage vor dem 71. Unabhängigkeitstag Israels haben die elf Christen schließlich die Menora an eine italienische Synagogengemeinde im Zentrum Jerusalems überreicht. Etwa 70 deutsche und israelische Besucher waren am Montagnachmittag zu der Übergabe gekommen.

„Gott hat euch erwählt, hinter unserem Volk zu stehen“

Bis heute sei die Schmach für Juden so groß, dass ein jüdisches Gesetz Juden verbiete, durch den antiken Torbogen zu gehen, erklärte Benjamin Philip, der eine Art Schirmherrschaft für das Projekt übernommen hat. Er leitet die Organisation „Hineni“, die im Zentrum Jerusalems „ein humanitäres Restaurant“ führt, „in das alle eingeladen sind, zu kommen“. Kunden bekommen eine warme kostenlose Mahlzeit gestellt oder zahlen einen symbolischen Preis. An die Christen gewandt sagte Philip: „Dass ihr kommt, und um Versöhnung bittet, dass ihr so ein starkes Zeichen setzt, indem ihr Zeit und Geld einsetzt, um uns zu zeigen, dass ihr uns liebt – das berührt mich tief.“ Der Sohn von Holocaustüberlebenden hat ein dunkles Bild von Christen: „Als Christen sollte es normal für euch sein, uns Juden zu hassen. Doch Gott hat euch erwählt, euch anders zu verhalten und hinter unserem Volk zu stehen.“ Das Projekt wurde noch extra gewürdigt, als die Menora mit ihren Begleitern eine Audienz beim Jerusalemer Bürgermeister Mosche Lion hatte.

Luca Hezel überreicht eine kleine Nachbildung der Menora an Benjamin Philip Foto: Israelnetz/mh
Luca Hezel überreicht eine kleine Nachbildung der Menora an Benjamin Philip

Für die elf Israelfreunde war klar, dass die Menora ihren Weg von Deutschland jedenfalls über den römischen Titusbogen nach Jerusalem nehmen müsse. 120 Kilogramm wiegt die vergoldete Replika, sie ist 1,60 Meter groß, die Kosten des Projekts beliefen sich auf etwa 120.000 Euro. Viele Deutsche spendeten, für die Vergoldung der Menora gaben manche sogar ihren Schmuck. Angefertigt wurde sie von der erzgebirgischen Firma „Kunstguss Döhler“, gegossen wurde sie aus Metall und in Handarbeit mit Blattgold beschichtet.

Nach einem Aussendungsgottesdienst durch die Marienschwesternschaft in Darmstadt am Karfreitag und einer Zeremonie am Titusbogen in Rom, wurde die Menora fachgerecht verpackt im italienischen Bari verschifft. Im Hafen der griechischen Stadt Patras gab es Probleme mit Dokumenten, sodass die Menora-Begleiter Sorge hatten, den verabredeten Übergabetermin in Jerusalem nicht einhalten zu können.

Schnell wurden Kräfte mobilisiert und Kontakte genutzt. Die Hilfe kam schnell und unerwartet: Vor vielen Jahren hatte der Ebenezer Hilfsfonds Deutschland e.V. im Zuge der Alija, der Rückführung von Juden aus der ehemaligen Sowjetunion nach Israel, mit einem jüdischen Reeder zusammengearbeitet. Dieser lag nun mit seinem Kreuzfahrtschiff am Hafen und lud die Deutschen spontan ein, samt der Menora mit nach Haifa zu kommen. Ebenezer-Leiter Hinrich Kaasmann ist begeistert: „Die Menora macht Alija, ist das nicht wunderbar?“ Auf dem Schiff wurde die Menora von den Passagieren gefeiert, die deutschen Begleiter bekamen als Freunde vom Chef eine VIP-Behandlung: „Wir haben gegessen und wurden behandelt wie Könige“, erzählen die Deutschen begeistert.

Auf ihrer Homepage schreiben die jungen Leute: „Die Nachbildung der Menora ist nicht als Kultgegenstand gedacht, sie soll als symbolischer Mahngegenstand einen würdigen Platz in Jerusalem finden.“ Doch wo die Menora nach der Ausstellung in der italienischen Synagoge zu sehen sein wird, ist noch offen. Hezel sieht das gelassen: „Die Menora ist ein Geschenk von uns an das jüdische Volk. Und wir werden Freunden nicht vorschreiben, was sie mit einem Geschenk zu tun haben.“ Zunächst einmal ist sie jedoch für drei Wochen in der italienischen Synagoge zu sehen. Und die Gemeindemitglieder zeigen sich begeistert: „Was für eine besondere Geschichte!“, sagt Tamar, die aus einem benachbarten Stadtteil gekommen ist und marokkanische Wurzeln hat. „Es gibt doch keinen besseren Ort, die Menora hier zu zeigen, als in diesem geschichtsträchtigen Gebäude!“

Von: mh

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