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Wenn ein ultra-orthodoxer Rabbi Verbindungen zu Christen knüpft

Als Kind wurde Rabbi Naki im ultra-orthodoxen Milieu dazu erzogen, sich von Nichtjuden fernzuhalten. Doch persönliche Begegnungen mit Christen haben ihn zum Brückenbauer werden lassen.
Von „Noam Eliezer“ gibt es mittlerweile auch einen deutschen Zweig

In seiner ultra-orthodoxen Umgebung hat er sich unbeliebt gemacht: Rabbi Jitzhak Naki arbeitet mit Christen zusammen. Allerdings nur mit solchen, die Israel lieben. Aber selbst das ist den meisten seiner Glaubensgenossen zu viel. Deshalb haben manche Haredim aufgehört, seine Wohltätigkeitsorganisation zu unterstützen.

Vor 22 Jahren gründeten der Jerusalemer und seine Frau Zippora die Organisation „Noam Eliezer“. Sie verteilt Gutscheine für Supermärkte an bedürftige Familien in Jerusalem und Umgebung. Mit diesem Konzept behielten die Menschen ihre Würde, erzählt er im Gespräch mit Israelnetz: Sie können selbst auswählen, was sie kaufen wollen. Tabu sind allerdings Zigaretten, Alkohol und Süßigkeiten.

Die warme Kleidung ist für Bedürftige bestimmt Foto: Israelnetz/Elisabeth Hausen
Die warme Kleidung ist für Bedürftige bestimmt

Ein weiteres Projekt von „Noam Eliezer“ ist die Ausgabe von Winterkleidung. Menschen mit wenig Einkommen erhalten Jacken, Pullover, Strümpfe, Schuhe oder Schlafanzüge. Zu den Hilfsgütern zählt aber auch Schulmaterial. Im Jahr 2016 haben Rabbi Jitzhak und seine Mitarbeiter insgesamt 726 Schulranzen verteilt. Die Hilfe bekommen vor allem Waisen und Trennungskinder sowie auch Jungen und Mädchen, deren Eltern sich in Haft befinden.

Rabbinerausbildung: Offenheit für israelfreundliche Nichtjuden gelehrt

Zu „Noam Eliezer“ gehört außerdem ein Rabbinerseminar. Im Lehrhaus befindet sich eine besondere Torarolle: Der Großvater von Rabbi Jitzhak hat sie 1948 mitgenommen, als er vom Iran in den neugegründeten Staat Israel auswanderte. Seinen acht Kindern habe er damals gesagt, sie sollten Kleider und andere Besitztümer dort lassen, erzählt der Enkel. Denn im Land, in dem Milch und Honig fließt, sei alles Nötige vorhanden. Dann habe er die Torarolle ergriffen, die Haustür abgeschlossen und den Schlüssel hinter sich geworfen, ohne noch einmal zurückzuschauen.

Derzeit lassen sich im Seminar 29 junge Juden ausbilden. Nach fünfeinhalb Jahren können sie ihren Dienst als Rabbiner antreten. Zum Lehrprogramm gehört auch die Botschaft, dass die Kandidaten offen sein sollten für Nichtjuden, die Israel lieben.

Auftrag von Gott

Jitzhak Naki ist in einer ultra-orthodoxen Umgebung aufgewachsen, in der Nähe des bekannten Jerusalemer Stadtviertels Mea Schearim. In diesem Gebiet befindet sich heute auch die Zentrale von „Noam Eliezer“ mit dem Rabbinerseminar. Sein Vater habe ihn von klein auf gelehrt, sich von Gojim, von Nichtjuden, fernzuhalten.

Doch mittlerweile hat er durch seine gemeinnützige Arbeit entdeckt, dass es Christen gibt, die Israel lieben. Mit ihnen arbeitet er gerne zusammen – solange sie keine missionarischen Tätigkeiten ausüben. Nicht alle ultra-orthodoxen Juden sind damit einverstanden. „Sie denken, ich sei ein verrückter Rabbi“, sagt er schmunzelnd. Der Israeli hingegen denkt, es sei ein Auftrag von Gott.

Als jüdische Schüler erfuhren, dass ihre neuen Schulranzen teilweise durch Spenden von Christen finanziert wurden, vermuteten sie einen Hintergedanken. Sie schauten überall nach, ob nicht irgendwo ein Neues Testament versteckt sei. Doch dann wurde ihnen klar, dass diese Nichtjuden offenbar völlig uneigennützig ihren Beitrag für das Geschenk geleistet hatten.

Vorträge im Ausland

Rabbi Jitzhak möchte seine Kontakte zu Christen im Ausland verstärken. Er hat bereits Vorträge in Norwegen, Finnland und Südkorea gehalten. Zudem war er in der Schweiz unterwegs – und auch dreimal in Deutschland. An einem Novemberabend spricht er in der Evangelischen Kirchengemeinde im mittelhessischen Wetzlar über den Glauben, der Juden über Zeit- und Ortsgrenzen miteinander verbindet. Er beginnt mit Abraham, der Gott keine Fragen gestellt habe, sondern einfach in das unbekannte Land aufgebrochen sei. Ähnlich habe das Volk Israel am Berg Sinai reagiert.

Flaggen verschiedener Länder zeugen von der internationalen Tätigkeit des israelischen Rabbiners Foto: Israelnetz/mh
Flaggen verschiedener Länder zeugen von der internationalen Tätigkeit des israelischen Rabbiners

Im Zentrum steht für den Rabbiner das Gebet „Schma Israel“, das jeden Abend gesprochen wird: „Höre Israel, der Herr ist unser Gott, der Herr ist einzig.“ Selbst in den Vernichtungslagern der Nationalsozialisten hätten verfolgte Juden an Gott festgehalten und das „Schma Israel“ mitunter direkt vor ihrem Tod gebetet.

Ferner skizziert der Rabbi aus Jerusalem vor seinen christlichen Zuhörern den „Aufstieg“ des Volkes Israel: von der Befreiung aus der Sklaverei über die Tora und die Erwählung bis hin zur Ansiedelung im verheißenen Land. Dort hätten die Israeliten gar einen König erhalten. Ganz oben stand dann der Wunsch Gottes, mitten unter ihnen zu wohnen – der Tempel in Jerusalem wurde gebaut. Doch hierauf sei letztlich der „Abstieg“ gefolgt, der Weg in die Diaspora, bei dem die Juden Tempel, König und Land wieder verloren. Die Tora hingegen sei ihnen selbst in der Zerstreuung geblieben.

Wie Gott Wunder tut

Ein wichtiges Thema sind für den Rabbiner die Wunder und das Wirken Gottes in der Geschichte und der Gegenwart. Ein Beitrag über ihn, den die Internationale Christliche Botschaft Jerusalem (ICEJ) produziert hat, wurde im deutschen Sender „Bibel TV“ ausgestrahlt: „Rabbi Naki, tut Gott heute noch Wunder?“

Dort und auch in Wetzlar erzählt er engagiert von Wundern im Sechs-Tage-Krieg von 1967. So habe sich sein Vater mit einer Kalaschnikow 200 Arabern gegenübergesehen, die plötzlich die Flucht ergriffen. Warum sie vor ihm ausrissen, habe er nicht verstanden. Nachträglich stellte sich auch heraus, dass er mit dem Gewehr wohl gar nicht hätte umgehen können. Für den Sohn ist die Sache klar: Engel haben damals die Israelis beschützt.

Ein weiteres Wunder sieht er darin, dass Israel nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion mehr als eine Million Menschen aus diesem Gebiet aufnehmen konnte. „Und sie mussten nicht in Zelten untergebracht werden“, betont er. Auch die gemeinsame Sprache, die Juden aus mehr als 100 Ländern in Israel gefunden haben, zeugt für ihn von Gottes direktem Eingreifen in die Geschichte.

Und noch ein Wunder präsentiert der Rabbi zum Abschluss: Dass es Christen gibt, die Israel lieben – und dazu noch ausgerechnet in Deutschland. Da er dies erkannt hat, möchte er auch gerne weiter mit solchen Nichtjuden in Kontakt bleiben. Und er kann sich sogar vorstellen, dass der eine oder andere dieser Christen von einem der verschollenen zehn Stämme des Nordreiches Israel abstammt.

Von: Elisabeth Hausen

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