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Kopten: Jerusalem-Reise von Papst Tawadros „absolute Ausnahme“

JERUSALEM (inn) – Historischer Besuch: Der koptische Papst Tawadros II. ist am Donnerstag in Jerusalem eingetroffen. Sein Vorgänger hatte den ägyptischen Christen Pilgerreisen in die besetzte Stadt untersagt.
Der Jerusalem-Besuch von Papst Tawadros II. könnte in Ägypten einen Sturm der Entrüstung auslösen
Erstmals seit dem Jahr 1832 besucht ein koptisches Kirchenoberhaupt Jerusalem. Anlass für die Reise von Papst Tawadros II. ist die Beisetzung des am Mittwoch verstorbenen Erzbischofs Anba Abraham, der für die Kopten im „heiligen Land“ zuständig war. Die orthodoxe Kirche beteuert indes, dass es sich um eine absolute Ausnahme handele und keine weiteren Beweggründe hinter dem historischen Besuch steckten. „Die Haltung der Koptischen Orthodoxen Kirche zu Reisen ins Heilige Land wird immer gleich bleiben“, betonte etwa der Sprecher der koptischen Kirche in Kairo, Pater Bules Halim, gegenüber der Nachrichtenagentur AFP. „Der Besuch des Papstes bildet eine Ausnahme.“ Die Beisetzung des Erzbischofs ist für Samstag angesetzt. Der Amtsvorgänger von Tawadros II., Papst Schenuda III., hatte 1979 nach dem Friedensabkommen zwischen Ägypten und Israel ein Verbot ausgesprochen. Demnach dürfen ägyptische Kopten nicht an einer Pilgerfahrt nach Jerusalem teilnehmen, solange die Besatzung währt. Schenuda starb 2012.

Experte: Kopten wollten nicht als Verräter gelten

Samuel Tadros ist Experte für Ägypten und forscht am Zentrum für religiöse Freiheit des Hudson Instituts in Washington. Er rechnet mit heftigen ägyptischen Reaktionen, wie er der Tageszeitung „Jerusalem Post“ sagte: „Die Entscheidung von Papst Tawadros, an der Spitze einer herausragenden Gesandtschaft von Bischöfen nach Jerusalem zu reisen, um an der Beisetzung von Erzbischof Anba Abraham teilzunehmen, wird einen Feuersturm in Ägypten auslösen.“ Der Wissenschaftler ergänzte: „Jerusalem hat immer einen besonderen Platz in den Herzen der Kopten eingenommen. Menschen wünschten sich, die Pilgerfahrt zu machen, bevor sie starben.“ Dies sei nach dem Krieg von 1967 unmöglich geworden. Schenudas Entscheidung „war angetrieben von seiner politischen Erwägung, dass Kopten, wenn sie gehen, als Verräter der arabischen Welt geteert würden. Deshalb bestand er darauf, dass sie Jerusalem nur gemeinsam mit Muslimen betreten sollten“.

Ehemaliger Botschafter: Vermutlich mit Sisi abgesprochen

Der sechste israelische Botschafter in Ägypten, Zvi Masel, arbeitet derzeit am Jerusalemer Zentrum für öffentliche Angelegenheiten. Er hält es für möglich, dass der Besuch ein positives Signal sein könnte. „Denn es wird ziemlich schwer für den Papst sein, das Verbot der Israelbesuche für seine Herde aufrecht zu erhalten.“ Aus Masels Sicht ist es wahrscheinlich, dass Tawadros II. grünes Licht von Präsident Abdel Fattah al-Sisi erhalten hat. „Dessen Land behält enge Geheimdienstverbindungen mit Israel bei, vor dem Hintergrund des andauernden terroristischen Krieges des ‚Islamischen Staates‘ gegen Ägypten im Sinai.“ Die Kopten seien durch Muslime unter Druck, sich gegen eine Normalisierung mit Israel zu wenden. Die Bedingungen hätten sich aber geändert, sagte der Diplomat, der von 1996 bis 2001 in Kairo eingesetzt war. Die Kopten hätten Sisis Machtübernahme unterstützt. Sie trauten sich nun wieder mehr, „nach ihren Gefühlen zu handeln“. Das Wort „koptisch“ bedeutet „ägyptisch“. Die orthodoxe Kirche in Ägypten führt ihre Gründung auf den Evangelisten Markus zurück. Ihre Liturgie ist teils in koptischer und teils in arabischer Sprache. Eine besondere Betonung liegt auf den Märtyrern, für die an den jeweiligen Todestagen gebetet wird. Darin eingeschlossen sind etwa auch die 21 Christen, die im Februar von der Terrormiliz „Islamischer Staat“ in Libyen hingerichtet wurden. Das Alte Testament spielt im Gottesdienst kaum eine Rolle. (eh)

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