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Analyse: Lebensbedingungen für Christen im Heiligen Land

Der päpstliche Nuntius im Heiligen Land hat die Lebensbedingungen der Christen vor Ort angeprangert. Einen Blick in die umliegenden Länder wirft er nicht.
Arabische Christen können die Geburtskirche in Bethlehem besuchen, für Juden ist es zu gefährlich.
„Radio Vatikan“ hat ein Interview mit dem Nuntius im Heiligen Land veröffentlicht: „Wenn sich die Lebensbedingungen für Christen im Heiligen Land verbessern, würden sie das Land nicht verlassen.“ Das sagte Giuseppe Lazzarotto, Nuntius in Israel und Apostolischer Delegat für Palästina, über die Bedingungen von Christen im Heiligen Land. Vor allem die wenigen verbliebenen Christen in Bethlehem und Ramallah, also in den Gebieten unter der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA), verlassen das Land. Sie sind zunehmend Diskriminierungen durch ihre muslimischen Nachbarn ausgesetzt. Bethlehem war bis 1948 eine rein christliche Stadt. Inzwischen bilden die Christen eine bedrängte und diskriminierte Minderheit von weniger als 20 Prozent. Sie wandern vor allem aus wirtschaftlichen Gründen aus, wie einst der legendäre Bürgermeister Elias Fredsch gestand, und nicht wegen der „Besatzung“. Die endete 1994. Kaum jemand weiß, dass zu Ehren von Jasser Arafats Einzug nach Bethlehem an Weihnachten 1994 ein überdimensionales Modell des Felsendoms auf das Dach der Geburtskirche in Bethlehem gehievt worden ist. Es sollte den Christen demonstrieren, dass fortan der Islam in der Geburtsstadt Jesu herrsche.

Reisen der christlichen Palästinenser widerlegen Vorwürfe

Weiter sagte Lazzarotto in dem Interview: Dass Christen trotz der Mauer an heilige Stätten gelangen, sei glücklicherweise immer öfter möglich. Von Seiten der israelischen Behörden sieht er in diesem Punkt immer mehr Bereitschaft. Auch ohne „israelische Bereitschaft“ sollte der Nuntius wissen, dass die rund 160.000 Christen in Israel israelische Staatsbürger sind und sich frei bewegen können. Sie leben in Nazareth, Haifa, Lod und Ramle. Für sie sind die meisten heiligen Städten unproblematisch erreichbar, darunter am See Genezareth und in Jerusalem. Hinzu kommt, dass die meisten Christen als Araber gelten und deshalb ungehindert auch palästinensische Städte wie Bethlehem jederzeit besuchen können. Jüdischen Israelis ist jedoch der Besuch in Städten unter palästinensischer Kontrolle streng verboten. Christen aus den palästinensischen Gebieten und besonders aus dem Gazastreifen haben es schwerer. Sie benötigen eine Sondergenehmigung. Viele haben sie, darunter die ehemalige Tourismusministerin und heutige Botschafterin in Berlin, Chulud Daibes. Auch christlich-palästinensische „Sprecher“ wie Mitri Raheb, Faten Mukarker oder Sumaja Farhat-Naser, von manchen auch als „Propagandisten“ bezeichnet, beweisen allein durch ihre häufigen Auftritte in Deutschland und Jerusalem, frei reisen zu können. Verschwiegen werden Anschläge von Moslems auf Christen wie in Taibeh oder Flugblätter des IS in Ostjerusalem, die Christen „Rache“ ankündigen.

Ständiger Kampf gegen symbolhafte Einrichtungen

Recht hat der Nuntius, dass Angriffe auf Christen, wie der Brandanschlag auf das Benediktinerkloster in Tabgha, die Christen vor Ort verbittern. Das hat der Vatikan-Diplomat richtig beobachtet. Genauso verbittert sind darüber auch jüdische Israelis, vom Staatspräsidenten abwärts bis zur Polizei, die Attacken auf Christen nicht zeitig aufklärt. Jüdische Israelis sind verbittert, dass ihr 3.000 Jahre alter Friedhof auf dem Ölberg zunehmend geschändet wird. Gräber werden zertrümmert, und Trauernde können sich kaum noch dorthin wagen. Sie werden von Palästinensern mit Steinen beworfen, während ihre Autos zerstört werden. Die Zustände sind so schlimm geworden, dass die Sicherheitsbehörden langsam aufwachen und mehr Geld für den Schutz des historischen Friedhofs, aber auch gefährdeter Kirchen ausgeben wollen. In der aufgeheizten Stimmung im „Heiligen Land“ gibt es einen ständigen Kampf von Extremisten vor allem gegen symbolhafte Einrichtungen. Das Niederbrennen einer Kirche, der Mordüberfall in einer Synagoge oder die Brandschatzung einer Moschee machen größere Schlagzeilen weltweit, als die Brandbombe auf ein Familienhaus oder das Überfahren von Passanten an einer Bushaltestelle in Jerusalem. Es sei an den Terroranschlag in der Synagoge in Har Nof erinnert. Am 18. November 2014 wurden vier Juden beim Gebet von zwei jungen Palästinensern mit Äxten erschlagen. Zudem wurde ein drusischer Polizist getötet. Zum Glück haben sich jüdische Extremisten bisher auf Graffiti und Brandanschläge in Kirchen und Moscheen beschränkt. In den letzten Jahren sind „im Heiligen Land“ keine Christen oder Moslems wegen ihrer Religionszugehörigkeit ermordet worden. Juden hingegen werden nach Angaben palästinensischer Attentäter immer wieder ermordet, nur weil sie Juden sind.

Kein Vergleich mit Syrien oder Nigeria

Bei aller Aufregung über Terror gegen Menschen oder Kirchen im Heiligen Land ist es kein Trost, dass der Zustand im Rest der Welt viel schlimmer ist. Der Nuntius ist nur für das Heilige Land zuständig und sieht deshalb wohl nicht, dass Hunderttausende Christen aus Ägypten, Syrien und dem Irak geflohen sind. Da die Heilige Familie in Ägypten war, Erzvater Abraham der syrischen Stadt Aleppo den Namen gegeben hat und Saulus aus Tarsus auf dem Weg nach Damaskus zum Paulus geworden ist, werden auch diese Gebiete oft dem „Heiligen Land“ hinzugerechnet. In uralten christlichen Kirchen und heiligen Stätten in Syrien oder im Irak wurde nicht nur ein Empfangsraum in Brand gesteckt, wie in Tabgha. Vielmehr wurden Kirchen mitsamt Gläubigen gesprengt. Ganze christliche Städte oder Viertel in Aleppo, Damaskus und anderswo wurden dem Erdboden gleich gemacht. 2014 habe es laut einem Report des amerikanischen Außenministeriums 13.463 Terroranschläge gegeben, 35 Prozent mehr als im Vorjahr. Dabei wurden mehr als 32.700 Tote gezählt, ein Anstieg von 81 Prozent im Vergleich zu 2013. Über 9.400 Menschen seien entführt und in Geiselhaft genommen worden. Darunter waren auch Tausende Christen, in Nigeria und im Mittleren Osten. (uws)

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